Auf der Jagd nach Ersatzteilen
Nach dem Inselparadies Bequia werden wir zu einem weiteren Abstecher nach St. Lucia gezwungen. Wir haben 3 ausstehende Lieferungen, allesamt mit Verzögerung. Zwei der Drei haben wir erhalten, auch wenn das eine Karton aussah, "aus hätts ämau ä Chueh ir Schnurre ka".
Das dritte, der Achterstag Spanner der Firma Navtec, wird leider nicht geliefert. Die Bestellung lief über einen offiziellen Dealer von Navtec in St. Lucia, ein ausgewanderter Schwede. Da Vorurteile eher einem Schweden als einem Kreol vertrauen, hatten wir für dieses Paket die wenigsten Bedenken. Doch der Schwede hielt uns hin und lieferte keine klaren Aussagen. Wir, bereits über 2'000.- angezahlt, wurden nervös und misstrauisch. So kontaktierten wir Navtec direkt, die erklärten uns endlich was läuft. Navtec hat Produktionsprobleme mit genau diesem Produkt.
Bestellung: 20.11.2023
Erster Liefertermin: 10.12.2023
Zweiter Liefertermin: 7.1.2024
Stornierung: 20.01.2024
Geld zurück mit Abzug von 200chf Gebühren: 02.02.2024
Die Geschichte ist sehr mühsam für uns und wir haben trotz dem ganzen Aufwand noch keine Lösung für unseren Öl verlierenden Achterstag Spanner. Es gibt uns ein ungutes Gefühl, damit den Pazifik zu bestreiten...
Union Island
Union Island, gehört zum Land St Vincent und die Grenadinen, ist eine kleinere Insel der kleinen Antillen. Bekannt sind die grossartigen Kitesurf Spots. Flaches Wasser und konstanter Passatwind zieht begeisterte Kitesurfer in dieses Gebiet. Sogar ein Schweizer Paar macht hier gerade Urlaub, dazu jedoch später. Natürlich bietet die Insel schöne Strände und eine berauschende Unterwasserwelt, karibischer Standard halt.
Wir besuchen in klassischer Segelmanier vorerst die windabgewandte Seite und suchen damit Schutz vor Wind und Welle. Zeit für drei Kurzgeschichten:
Geschichte 1: Jeffrey, Jeffrey Bezos
Auf der Atlantiküberquerung hatten wir genügend Zeit, uns in die geschenkten (vielen Dank Beat und Rosmarie) Yacht Magazine einzulesen. Darunter war auch ein ausgiebiger Bericht über die grössenwahnsinnige Segelyacht von Jeff Bezos und dessen ebenfalls übertriebenen Neben-Motoryacht. Natürlich gesellt sich eine Unmenge an Beibooten dazu, safety first! Wir sitzen also nichtsahnend in dieser schönen, beinahe unbewohnten Bucht vor Anker, als diese Schwergewichte nacheinander (es kam noch ein drittes Schiff des Besitzers eines amerikanischen Medienimperiums dazu) einfuhren. Uns fiel auf, dass vier Beiboote wirr umher fahren und deren Besatzung aufmerksam zu sein scheint. Da ist Bewegung im Spiel! Wir wurden auch aufmerksamer und begannen genauer hinzuschauen. Nach kurzer Zeit machen wir den Link zu Bezos und holen unsere Ferngläser. Zuerst erkennen wir in der Abenddämmerung nur die Umrisse, Glatzkopf und ziemlich trainiert. Glatze ja, doch hat Bezos wirklich trainiert? Nach schneller Recherche finden wir heraus, dass sich Jeffrey mit einem Personal Coach in Form gebracht hat. Als wir etwas später im Licht der Yacht sein Gesicht sehen, sind wir uns sicher. Wir ankern tatsächlich neben Amazon Gründer Jeffrey Bezos. Irgendwann verschwinden die Leute unter Deck und wir raten, was dort unten nun abgeht. Wir malen uns die verrücktesten Geschichten aus, wahrscheinlich wird aber auch da gerade "nur" Lobster gegessen.
Am nächsten Morgen sind wir noch auf dem Schiff, es ist ziemlich wellig und windig in der Bucht. Wir hören von draussen Signalhörner und gehen an Deck. Jeffreys Beiboote warnen uns, wir treiben tatsächlich auf seine Yacht zu, unser Anker hält nicht! Voller Adrenalin machen wir uns an die Arbeit und holen den Anker nach oben, nicht ganz einfach, wenn man treibt. Wir treiben nun an der Superyacht vorbei, immerhin ist nun "nur" noch unsere Yacht in Gefahr. Nach einer gefühlten Ewigkeit klappt es und wir sammeln uns vor dem nächsten Ankermanöver, welches auf Anhieb klappt. Der Ankeralarm läuft nun 24/7 und wir schlafen die nächsten Nächte eher schlecht.
Geschichte 2: Restaurantbesuch auf Union Island
Bei unserer Ankunft in der Bucht bei Union Island, werden wir von Zecki, einem Angestellten eines Restaurants am Strand empfangen. Er sei am Grill und Vanessa, die Chefin, steht in der Küche und ebenso hinter der Cocktailbar. Wir lassen uns das Angebot schmackhaft machen und reservieren ein Tisch am selben Abend. Abgemacht war ein ganzes Menu inklusive Kuchen und Kaffee.
Später im Restaurant ist die Stimmung angenehm, Vanessa ist gut gelaunt und macht neben Witzen auch eine Pina Colada. Der Abend vergeht, das Essen ist mittelmässig. Der Kuchen ist lecker und der Kaffee komisch, als hätte man keine neue Kapsel nachgefüllt, sondern dreimal eine alte verwendet. Die Rechnung runden wir auf und bedanken uns, da fragt Vanessa nach mehr Trinkgeld. Wir verneinen, Vanessa lacht und wir denken es hat sich damit erledigt. Vanessa nimmt darauf den zweiten Anlauf und meint, dass sie vergessen habe, den Kaffee zu verrechnen. Wir erklären ihr, dass der Kaffee eigentlich kein Kaffee war und, dass Zecki uns sowieso bei der Ankunft am Morgen sagte, der Kaffee sei inbegriffen. Langsam Müde vom Feilschen, stellen wir uns quer. Vanessa, aktuell immer noch lachend, sagt uns, wenn Zecki uns wirklich gesagt habe, der Kaffee sei inbegriffen, dann müsse sie ihm künden. Wir nehmen es für einen Scherz und haben nun wirklich genug vom Zirkus. Vanessa geht und ihre Stimmung ändert von Tag auf Nacht, als sie mit Zecki redet. Wir verstehen es leider nicht, Ton und Stimmung sprechen für sich. Wir sind verwirrt und versuchen zu verstehen, was hier abgeht. Ist das alles Show? Verhalten wir uns gerade so falsch? Wir erkennen keine Schuld bei uns und entscheiden, das Restaurant zu verlassen. Zecki kommt nochmal zu uns an den Tisch und fragt wirr, was er denn jetzt machen soll. Wir gehen und es bleibt ein sehr mulmiges Gefühl nach einem eigentlich ganz schönen Abend.
Geschichte 3: Treffen mit Bekannten aus der Heimat
Chronologisch nicht ganz korrekt, weil wir Union Island eine gute Woche später nochmal von der Wind zugewandten Seite ansteuern, kommt hier die dritte Geschichte.
Pascal Gutknecht, Mitinhaber von Gutknecht Gemüse, verweilt mit seiner Partnerin Barbara in Union Island.
Die beiden sind begeisterte Kite- und Wingsurfer. Pascal verfolgt unsere Reise und kontaktierte uns, er sei in der Nähe und würde sich über ein Treffen freuen. Wir freuen uns über die Kontaktaufnahme und schauen im Kitecamp vorbei. Wir stossen auf viel Gastfreundschaft und grosses Interesse an unserer Reise. Zusammen mit drei weiteren Schweizern, Freunde von Pascal und Barbara, verabreden wir uns im Anschluss zum Abendessen. Wir sind gerührt, welche Begeisterung und Faszination wir an der Tischrunde auslösen. Die Begegnung erinnert uns an all den Support, welchen wir vor und während des Projektes aus der Heimat erhalten. Dies gibt unserer Reise den Sinn und die Kraft für die schwierigen Momente unseres Abenteuers.
Carriacou
Wir wechseln das Land und erreichen Carriacou, zum Ankern benötigt es diesmal drei Versuche. Wir sind nach dem Bezos-Vorfall wählerischer geworden, zudem gibt es steinige Stellen in der Admiralty Bay. Wir steuern Carriacou an, weil wir eine geschützte Bucht suchen und wir noch einige Ersatzteile benötigen. Carriacou hat einen Kran und ein Trockendock, viele Segler nutzen diesen Ort um ihr Schiff sicher über die Hurrikan Saison zu bringen und um grössere Reparaturen zu erledigen. Dementsprechend hat es auch einen Bootsladen. Nach der traditionellen Land-Erkundungstour und Einkauf der Teile, machen wir uns am zweiten Tag an den Motorenservice. Nebst den normalen Arbeiten wie Filtertausch und Reinigung, suchen wir 2-3 Öl Lecks. Die Arbeiten dauern eineinhalb Tage und der Motor springt beim ersten Versuch wieder an. Etwas stolz beobachten wir den Öl Verlust und stellen fest, dass der Motor nur noch an einer Stelle leicht tropft. Zur Belohnung gehen wir das erste Mal in eine karibische Pizzeria. Zwar sitzen wir alleine im Restaurant und der Barkeeper ist nicht anwesend, doch die Pizza schmeckt ausserordentlich gut. Mit dem sehr dünnen Teig auch sehr italienisch.
Am nächsten Tag bleibt Zeit zum Schnorcheln rund ums Boot. Das beste an der Karibik ist für uns die Unterwasserwelt. Je nach Wetter und Strömung ist das Wasser sogar an gut besuchten Ankerplätzen sehr klar und voller Leben. So auch in Carriacou. Auf einmal entdecken wir gleich vor unserem Boot auf 7m Wassertiefe unter einem kleinen Felsen ca. 10 mittelgrosse Lobster. Wir staunen nicht schlecht, bisher haben wir die Tiere nur sehr mühsam unter grossen Felsen in viel kleineren Gruppen oder alleine an abgelegenen Orten gefunden. Wir können nicht auf eine kleine Jagd verzichten und holen die Harpune. Zwar versuchen wir es zuerst per Hand, dies ist allerdings trotz bescheidenem Schutz-Felsen, schwieriger als in unzähligen angeschauten Youtube-Videos. Mit Leichtigkeit und der Harpune ergattern wir genügend Tiere fürs Abendessen und entdecken eine Art viereckige Röhre. Darin tummeln sich bestimmt 10 weitere Lobster. Wir haben genug und merken uns die Stelle für den nächsten Tag.
Grenada
Die Hauptinsel des gleichnamigen Landes ist auch dessen grösste Landfläche. Es ist die bisher grünste Insel der von uns bereisten Karibik. In den höher gelegenen Gebieten fallen jährlich 3'000mm Regen. Gut drei Mal mehr als im Schweizer Mittelland. Es erstaunt nicht, werden wir hier ständig verregnet.
Die ersten 3 Nächte verbringen wir in der St. Louis Marina. Es ist der erste Hafen seit den Kanarischen Inseln. Der Luxus einer "richtigen" Dusche für Körper und Schiff sind uns die 80chf pro Nacht wert. So nutzen wir die 2 vollen Tage für eine gründliche Schiffsreinigung, wie es nur im Hafen mit Strom und Wasser möglich ist. Das Deck wird geschruppt und alle Bilgen (unter den Bodenbrettern) einmal herausgeputzt. Die Küche und alle Oberflächen erhalten eine gründliche Reinigung, natürlich auch die Nasszelle. Endlich haben wir auch mal wieder simplen Zugang zu einer Waschmaschine, vorher lösten wir Gerüche per Handwäsche.
Nach dem Hafen finden wir unweit eine Ankerboje, diese gibt uns Sicherheit, denn das Wetter ist immer noch ziemlich wild und wir schlafen nach wie vor nicht gut vor Anker. Von da aus geniessen wir diverse Landausflüge. Mit Scootern geht es um einen Teil der Insel. Wir entdecken ausgemusterte Flugzeuge, welche nach Defekten einfach an den Flughäfen von ihren Besitzern zurückgelassen wurden. Es gibt diverse Wasserfälle, wobei wir locker eine Handvoll imposantere Wasserfälle in der Schweiz aufzählen könnten. Die Insel beherbergt eine Festung der Franzosen aus der Kolonialzeit. Kurioserweise haben jedoch Engländer die Festung fertig gebaut und diese danach im Krieg gegen die Franzosen verwendet. Es ist erschreckend, was die Europäischen Kolonialmächte auf der ganzen Welt angerichtet haben. Ganze Urvölker von Ushuaia im Süden Argentiniens bis nach Alaska im Norden wurden einfach ausgelöscht. Auch in der Karibik, gibt es eigentlich keine Eingeborene mehr, die hiesigen Bewohner sind Nachfahren afrikanischer Sklaven und Einwanderer. Ja genau, Sklaven! Als wäre der Völkermord aus Kolonialzeiten nicht genug, wurden 4-5 Millionen afrikanische Sklaven in die Karibik verschifft. Die Sklaverei wurde 1821 in vielen Karibischen Ländern abgeschafft.
Privilegiert wie wir sind, in der Schweiz geboren und zudem in der heutigen modernen Welt, dürfen wir die Untaten schnell wieder vergessen und fahren weiter auf unseren motorisierten 2-Rädern. Es geht vorbei an einem Muskatnuss Verteilzentrum. Die Insel ist bekannt für ihren Export und die hervorragende Qualität des Gewürzes. Einige Nüsse finden auch gleich den Weg in unsere Küche und bereichern von nun an unsere Speisen. Das Highlight des Tages ist die traditionelle Rum Destillerie. Es wird hier noch immer Rum hergestellt wie zur Eröffnung 1785. Das Zuckerrohr wird gleich nebenan geerntet und zur Wasser betriebenen Presse geführt. Die Presse drückte den süssen Saft heraus, dieser wird durch ein Rohrsystem in verschiedene Heizkessel geleitet und dort erhitzt, um danach 7 Tage zu gären. Der ungefähr 10% hohe Alkoholgehalt wird durch mehrfache Destillerie auf bis zu 85% Alkohol erhöht. Die Führung durch dieses mechanische Meisterwerk wird mit einem Tasting beendet. Leider können wir uns mit dem hohen Alkoholgehalt nicht anfreunden und erkennen kein Genuss im Getränk. Nach mehrmaligem Nachhacken wird uns versichert, dass der Rum hier tatsächlich pur getrunken wird. Wir verstehen es nicht und verlassen die Destillerie trotzdem voller positiver Eindrücke.
Den nächsten Tag verbringen wir mit einer Wanderung auf den Mt. Qua Qua. Der Hügel ist 722m hoch und der Gratweg ziemlich matschig. Wider unserer Erwartungen schaffen wir die ganze Wanderung ohne Regen. Wir freuen uns über unser Wetterglück und drücken den auf dem Weg gekreuztem Paar die Daumen. Die Regenfälle sind meistens kurz und heftig.
Grenada bleibt uns in guter Erinnerung. Die Insel scheint zu funktionieren, die Infrastruktur ist gepflegt, die Menschen freundlich und hilfsbereit. Es gibt auch viel bessere Einkaufsmöglichkeiten als auf den anderen von uns besuchten Karibikinseln. Die Insel hat Kultur und ist stolz auf ihre Produkte wie Rum, Schokolade und Gewürze.
Besuch auf dem Schiff
Seit Grenada haben wir auch das erste Mal Besuch auf dem Schiff. Melina, Freundin von Lukas, lebt mit uns für gut 4 Wochen bis Curacao an Bord. Wir haben das Schiff für drei Personen umgebaut, es klappt jedoch auch gut zu viert. Wir freuen uns über den neuen Schwung einer frischen Person und heissen Melina herzlich Willkommen.
Tobago Cays
Die letzte Station der Kleinen Antillen sind die Tobago Cays. Die Namensgeber der Karibischen Inseln haben sich wohl einen Scherz daraus gemacht, Fremde mit den Inselnamen zu verwirren. So haben die Tobago Cays nichts mit Tobago zu tun, Petit Martinique liegt nicht neben Martinique und gehört nicht zu Frankreich. Es gibt die beiden unterschiedlichen Länder "St. Vincent und die Grenadinen" sowie Grenada. Es sind Nachbarsinseln, sind jedoch unabhängig voneinander.
Ein Cay ist eine kleine flache Insel, die aus Korallen- und Sandablagerungen besteht. Es ist wirklich so schön, wie es sich anhört. Die Tobago Cays sind ein für Segler zugängliches Naturschutzgebiet, bestehend aus schützenden Riffen und 5 kleinen unbewohnten Inseln (Bei einer davon wurde Captain Jack Sparrow zusammen mit Elizabeth in "Fluch der Karibik" ausgesetzt. Jack weiss von einer Falltür mit Rum, die beiden betrinken sich und am nächsten Morgen verbrennt Elizabeth den Rum um auf sich aufmerksam zu machen). Die Szenerie ist perfekt und einfach genauso, wie man sich das Karibische Inselparadies vorstellt. Wir haben auf unserer Reise bisher nichts vergleichbar Schönes gesehen und sind überwältigt. Die Tage gehen wir hier ruhig an, es ist kein Ort für Trubel. Passender in dieser Perle der Natur sind Achtsamkeit und Dankbarkeit. Wir schnorcheln täglich an verschiedenen Spots und sehen fast immer Schildkröten. Einmal entdecken wir einen riesigen Barracuda und wissen nicht so ganz wie wir reagieren sollen. Barracuda Attacken sind zwar sehr selten, jedoch häufiger als Haiattacken. Zum Glück passiert in den allermeisten Fällen nichts und sowieso sind diese Angriffe fast nie tödlich. Auch dieses wirklich sehr grosse Exemplar scheint sich nicht für uns zu interessieren und verschwindet nach einer knappen Minute im Blau des Ozeans.
Für uns steht eine mehrtätige Überfahrt an. Wir verlassen die kleinen Antillen in Richtung der Holländischen Antillen. Wir wollen nach Curacao und freuen uns auf ein Stück Europa auf der anderen Seite des Atlantiks.
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