Da ist sie nun, die Etappe der Gibraltar Überquerung mit potentiellen Gefahren wie Orcas, Schiffsverkehr, getrichtertem Starkwind und Strömung. Nicht zu vergessen die Strömungswellen, wildes Meer wenn zwei Strömungen aufeinander treffen. Unser Plan war, frühmorgens bei Dunkelheit den Hafen in Gibraltar zu verlassen und möglichst schnell das Fahrtengebiet der Strasse von Gibraltar (Fahrweg der grossen Tanker) rechtwinklig zu durchqueren um danach auf der afrikanischen Seite gegen Westen aufzukreuzen und Nachmittags in Tangier (Marokko) anzukommen. Doch die Tankanzeige lügt!
Im Leben ist es immer einfacher, die Verantwortung auf andere zu schieben. Doch nur wer bereit ist, Verantwortung (auch für negative Geschehnisse) zu tragen, hat auch die Macht, das Outcome zu ändern. So räumen wir unseren ersten haarsträubenden Fehler ein. Ein nicht gerade tödlicher, jedoch gefährlicher Irrtum.
Die Tankanzeige versicherte uns nach bereits etlichen Stunden unter Motor, immer noch eine genügende Restmenge Diesel. Wir vertrauten dem blind (bis naiv!) und unterliessen es in Gibraltar zu tanken. Mitten in der Fahrstrasse zwischen Europa und Afrika, hustete es zweimal und dann war unser Motor weg. Glücklicherweise hatten wir die Segel bereits oben und wir konnten direkt weiter navigieren. Da wir zu dritt mit unseren beruflichen Hintergründen (Schreiner, Elektro, Maschinenmechaniker) vieles an Bord reparieren können, machen wir uns sofort daran, die Ursache zu suchen. Schnell realisieren wir den fast leeren Tank (wegen der Krängung des Schiffes konnte der Motor die noch bedeutende Restmenge Diesel nicht ansaugen) und uns war klar, dass nun Luft im System war. Wir füllten mit unseren Dieselreserven den Tank mit 60l und versuchten die Luft aus dem System zu saugen. Da der Motor nicht "ordnungsgemäss herunter gefahren wurde" war die Dieselpumpe in eine Stadium gefangen, in welcher diese nicht mehr funktionierte. Letzteres realisierten wir jedoch erst später.
Da wir Wind und 3-4 Knoten Strömung gegen uns hatten, war aufkreuzen unmöglich und wir verloren sogar an Höhe. Im Untermenu "Position" kann diese missliche Situation angeschaut werden.
Recap: Motor ausgefallen, Strömung und Wind gegen uns, unter Segel in einen fremden Hafen fahren gleicht dem Roulettetisch...
Also nutzen wir früher als uns lieb ist die erlernten Skills eines marinen Notfalls. Die Koordinationsstelle in Madrid schickte uns vom Hafen Ceuta (spanische Exklave in Marokko) einen Abschleppdienst. Als wäre das nicht alles schon genug, rammte der orange Abschleppbulle unsere Reling und zerschmetterte einen Teil der Befestigung. Nach wildem Anlegemanöver in Ceuta und Diskussionen mit den Hafenbehörden erhielten wir einen schlechten Anlegeplatz gleich am Hafeneingang. Am Folgetag meldete der Wetterdienst starke Winde und raue See. Sofort machten wir uns ans reparieren des Motors und merkten an Land dann schnell, dass eben diese Ansaugpumpe so unglücklich zum Stoppen kam, dass diese nicht mehr funktioniert. Immerhin realisierten wir dadurch auch, dass die Reparatur ohne Ersatzteile möglich ist. Wir streckten die Köpfe zusammen und entschieden, schnell hier weg zu wollen. Mit Überzeugungsarbeit schafften wir es die Mittagspause des Rettungsteams von 3h auf 1h zu reduzieren (3h von 14h bis 17h!), regelten den Papierkram und verliessen Ceuta wieder in Richtung Tangier.
Mit dem Schrecken davon gekommen, 700 Euro leichter und mit einem mittleren Schaden an der Reling tuckern wir unter Motor gegen die starke Strömung nach Tangier, welches wir kurz nach Mitternacht erreichen.
Völlig erschöpft fallen wir ins Bett und hinterfragen die Handlungen des vergangenen Tages. Wir finden vorerst keine Antworten und gönnen uns die nötige Ruhe. Wir beschliessen es auf die marokkanische Art zu machen, und das Fazit einen Tag später bei stark gezuckertem Minztee zu ziehen. Immerhin haben wir als Team in dieser unglücklichen Situation funktioniert und es kam zu keinem Zeitpunkt Panik auf. Jeder übernahm seine Rolle in der Erstaufführung dieses Theaters.
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